Einen Kangal kann man nicht erklären, man kann ihn nur erleben.

Der Kangal, ein Hund für Menschen die den Eigensinn dieser Hunderasse mögen.

Ein Kangal hat ganz besondere Haltungsansprüche. Er liebt seine Freiheit und die Ruhe. Der Stress der Stadt ist nicht sein Zuhause. Er hat auch seinen eigenen Kopf. Man muss ihn mögen; diesen eigenen Kopf des Kangals. Der Versuch ihn mit einem Leckerchen zu bestechen kränkt ihn fast schon in seinem Stolz.

“Ein Kangal verteidigt nie sich selbst aber für die Familie geht er durchs Feuer.“ Dies haben mir viele Hirten hier in der Türkei immer wieder erzählt.

Der Kangal gehört zu den Herdenschutzhunden ( früher auch Hirtenhunde genannt, wobei dies falsch ist weil ein Kangal sich in seinem Wesen grundsätzlich von beispielsweise einem Australian Shepard unterscheidet) und seine richtige Rassebezeichnung lautet Anatolischer Hirtenhund.

Der Kangal besitzt, wie alle Herdenschutzhunde, eine sehr hohe emotionale Intelligenz, eine außergewöhnliche emotionale und soziale Kompetenz. Dies zeigt sich in seinem sehr feinen Einfühlungsvermögen in den sozialen Verbund der Familie bzw. von Mensch und Tier. Ruhig, gelassen und absolut unaufdringlich  bewegt er sich in seinem Rudel oder seiner Familie. Er reagiert auf kleinste emotionale Schwankungen und passt sich den sozialen Zusammenhängen immer bestens an.

Aber auch seine soziale Arbeit als Schutzhund erfüllt er mit Bravour. Allem Fremden gegenüber ist er misstrauisch und skeptisch. Verspürt er Angst oder Unsicherheit in seinem Rudel (dies kann auch die Familie sein) oder erkennt er eine Bedrohung, reagiert er sofort als Beschützer ohne dabei ein “Draufgänger“ zu sein. Er handelt immer defensiv und niemals unverhältnismäßig. Sein unglaubliches Gedächtnis, in dem einmal gemachte Erfahrungen für immer gespeichert bleiben, kommt ihm dabei  ebenso zu Gute wie seine sehr gute Beobachtungsgabe.

Seine sehr guten Gesichtssinne (Nase, Augen, Ohren) ruhen niemals und sind immer im Dienste der Schutzarbeit. Auch wenn der Kangal scheinbar schläft oder döst bleibt er immer wachsam und aufmerksam. Melden sein Sinne Gefahr, dann wird mit den Augen das gesamte Umfeld sondiert bis die potentielle Gefahr entdeckt wird. Er ist ein perfekter Taktiker. Nun kommt diese Eigenschaft zum tragen. Die Augen lassen nicht mehr von dieser Gefahr ab und sein Einsatz als Schutzhund wird zunächst taktisch kalkuliert. Kommt die Gefahr bedrohlich nahe, dann reagiert der Kangal blitzartig und wird alles daran setzen den “Eindringling“ zu vertreiben. Eine körperliche Auseinandersetzung scheut er dabei nicht, aber nur dann, wenn es nötig sein sollte. Denn er ist kein Draufgänger und handelt immer Bedacht..

In solch einer Schutzarbeit arbeitet der Kangal höchst eigenständig und gerne sagt man ihm deswegen auch Dickköpfigkeit nach. Der Kangal hat nun mal seinen “Eigensinn“ da er, wie alle Hunderassen die zu den Herdenschutzhunden gehören, seine Entscheidungen eigenständig treffen muss.

Er ist kein “Soldat“, wie ein Deutscher Schäferhund, er ist ein eigenständiger Wächter und Freund der niemals seine Familie vergisst.

Die schönsten Seiten des Kangals.

Ganz oben steht das soziale, friedfertige Einfühlungsvermögen in andere Lebensformen.

Die Ruhe und Ausgeglichenheit die von einem Kangal ausgeht ist immer wieder sehr faszinierend.

Die ehrlichen Augen mit ihrem Sanftmut, aber auch mit einer Härte die ihres Gleichens sucht, spiegeln immer den Gemütszustand des Kangals wieder.

Aus den vielen Gesichtsgestiken und Körpersignalen kann man lesen wie aus einem Buch aber auch der Kangal liest alles (und vieles mehr) aus unseren Augen und unserer Körpersprache.

Er ist ein absolut in sich ruhender Hirtenhund, niemals nervös oder aufdringlich. Mit solch einem Tier auf der Bergkuppe sitzen und die wachenden Augen des Kangal an seiner Seite wissend, dies ist schon ein ganz besonderer Augenblick.

Der Bewegungsablauf, die Schnelligkeit aber auch die Ausdauer und die Wendigkeit eines Kangals faszinieren immer wieder. 

Wer die Freundschaft sucht, kann sie im Kangal finden.

Was erwartet den Kangalhalter / die Kangalhalterin, bzw. was erwartet der Kangal ?

Freiheitsliebend wie der Kangal ist sollte die Möglichkeit bestehen, dass der Kangal immer draußen gehalten werden kann. (Sommer wie Winter) Es muss nicht die ganze Nacht sein aber die Abend- und Morgenstunden sowie die kalten Tage sind die Zeit des Kangals.

Gerade mit Anbruch der Dämmerung erwacht beim Kangal der Schutztrieb, denn dann ist auch die Zeit der natürlichen Beutegreifer die er von der Herde fernhalten soll. Wie jeder Hund will auch der Kangal arbeiten und seine Arbeit ist der Schutzdienst. Er braucht das Gefühl für ein Territorium und / oder einem sozialem Verbund verantwortlich zu sein. Denn nur wenn dieses Bedürfnis in der Haltung befriedigt werden kann, kann auch die Erziehung gelingen.

Die rassegerechte Haltungsbedingung ist die Grundlage für die Erziehung; denn ohne "Arbeit" wird auch ein Kangal schnell unzufrieden und dadurch schwer erziehbar.

Auch liebt der Kangal die Ruhe. So ist er ein Hund für die Menschen, die sich gerne Abseits der großen Menschenmassen bewegen und nicht unbedingt auf der Hundewiese spazieren wollen. Umso ruhiger und abgelegener der Wohnort umso schöner für den Kangal.

Da die Erziehung dieser Hunderasse doch ganz neue Wege verlangt, sollte der neue Halter / die Halterin die Bereitschaft besitzen von vielen, alt hergebrachten Erziehungsmethoden abzusehen und mit fachkundigen Kennern zusammenzuarbeiten.

Die Erziehung des Kangal muss äußerst konsequent sein. Viel Geduld und viel Einfühlungsvermögen sind von Nöten. Ein Rüde kann durchaus in den ersten drei Jahren die Rangordnungsfrage mit Nachdruck stellen. Dies verlangt die täglichen ("leisen") Signale, dass der Halter / die Halterin hier der Rudelführer sind.

Grundsätzlich ist der Kangal allem Fremden gegenüber skeptisch und misstrauisch und so schlagen zumeist alle Versuche fehl, diese Hirtenhunde mit unbekannten (fremden) Hunden "umgänglicher" zu machen.

Da der Kangal sein "Rudel" über alles liebt, braucht auch er unsere "Liebe". Der Kangal verträgt es nicht, wenn er wie ein Soldat kommandiert wird.  Man könnte Glauben sein Stolz und seine hohe soziale Intelligenz verbietet es ihm. Der Grund für dieses Verhalten liegt aber eher in seiner hohen Eigenständigkeit.

Es ist schon eine Herausforderung einen solchen Herdenschutzhund zu halten, aber wenn man den "Eigensinn" mag, dann mag man auch den "Kangal"  mit seinem "eigenem Sinn".

Er ist kein "Soldat",  er ist ein Freund der seinen eigenen Weg geht und dabei niemals seine Freundschaft zu seiner Familie vergisst.

Natürlich können diese Zeilen nur ein kleiner Ausschnitt aus der Freundschaft mit einem Kangal sein, aber sie verdeutlichen doch, dass diese Hirtenhunde nur in verantwortliche Hände gehören. Zu Menschen die den besonderen Ansprüchen des Kangal gerecht werden und bereit sind neue Wege in der Hundeerziehung zu gehen. In der Haltung muss der Kangal das Gefühl von Freiheit und Verantwortung haben. Er muss seiner Arbeit als Schutzhund nachgehen dürfen und in einer festen sozialen Struktur (als rangniedrigster) eingebunden sein. (Dafür braucht er aber nicht unbedingt Schafe.)

All diese, etwas anspruchsvollen Seiten des Kangal werden durch seine beeindruckende Ehrlichkeit, seine Bereitschaft sich in eine klar strukturierte, soziale Rangordnung einzugliedern, seiner Eleganz, seiner majestätische Erscheinung, seiner graziösen Bewegungen, seiner, von ihm ausgehende Ruhe, seiner reinen "Seele", der absoluten Treue zu seiner "Familie" und der Klarheit seiner Augen, aus denen man alles lesen kann, aufgehoben.

Der Kangal-Hundeschule Antalya


Keine Beleidigung würde mich so treffen, wie ein misstrauischer Blick von einem meiner Hunde.

James Gardner

Tierhilfe Antalya e.V.